NÄCHSTER HALT: SAMBIA
- jacqueline1909
- Jun 23, 2015
- 4 min read
Die dritte und damit letzte bedeutende Station meiner Tour ist Sambia.
Vorherige Planung:
wir reisen zu dritt (Max, Lukas und ich) → Lukas bekommt Malaria und fährt zurück nach Bukoba
wir fahren am 23.06. von Dar Es Salaam los → der Zug ist ausgebucht
Hier in Tansania ist es immer gut neben Plan A noch mindestens Plan B zu besitzen, denn vieles kommt unerwartet...
Wir haben unsere Hoffnungen, am heutigen Tag zwei freie Plätze im Zug nach Sambia zu ergattern, so gut wie begraben und sicherheitshalber schon alternative Pläne geschmiedet, als der Tag eine für uns völlig überraschende Wendung nimmt.
Wir machen uns mit Sack und Pack auf zum Bahnhof, ungewiss wann wir tatsächlich fahren aber das würden wir gleich erfahren. Mit dem Wissen, dass der Zug vor ein paar Tagen noch ausgebucht war, verdeutliche ich der Ticketverkäuferin unser Anliegen: “We want to go to Sambia as soon as possible.“ Nach kurzem Überlegen antwortet sie: “Leo?“ Klar, warum nicht gleich heute? Wenn es denn möglich ist? Lange Zeit können wir es kaum glauben, wir fahren mit der TAZARA nach Sambia, heute noch. Zum Glück haben wir genug Geld für das Ticket dabei. Aber eigentlich sind wir gar nicht vorbereitet. Wir haben kein Lunchpaket. Also geht es für ein schnelles Shopping noch einmal hinaus auf die Straße, wo Brot,Orangen und Getränke verkauft werden, das muss genügen.

Mit zwei Stunden Verspätung (obwohl eigentlich niemand genau wusste, wann offizielle Abfahrtszeit ist) setzt sich der Zug in Bewegung. Die zweite und dritte Klasse des in die Jahre gekommenen Zuges sind überfüllt mit Menschen, die sich auf die Sitzbänke und in die Gänge quetschen. Die meisten warten bereits seit dem Morgen auf dem Bahnhofsgelände. In der ersten Klasse, die wir uns gönnen, herrscht dagegen Luxus. Viererabteile, geschlechtlich getrennt, mit Doppelstockbetten und Tisch, Toilette, Waschraum und sogar Dusche (ich habe mich nicht getraut sie zu benutzen). Sogar ein Restaurant und eine Bar sind mit an Board.

Dagegen fehlen in manchen Türen die Fenster und die Fahrt gleicht einem endlosen Trampolinspringen. Alles in allem ist es jedoch ein wahres Abenteuer. Der Zug schlängelt sich seinen Weg durch verschiedene Landschaften, Dörfer und Städte, pausenlos Tag und Nacht. Unterwegs steigen Menschen aus und dazu, mal ist es voll, ein andermal leer, man entdeckt stets neue Gesichter. Mbeya zählt zu einer der wichtigen Stops auf der Strecke zwischen Dar Es Salaam und Kapiri/Mposhi (Sambia).
Hier halten wir sogar für mehrere Stunden. Max und ich gönnen uns einen kleinen Ausflug ins Bahnhofsgebäude. Niemand weiß die Abfahrtszeit des Zuges aber da wir annehmen, dass alle wartenden Passagiere mit uns fahren, machen wir uns keine Gedanken. Doch plötzlich entdeckt Max den rollenden Zug. Mit Highspeed schnappen wir unsere Habseligkeiten und rennen zum Bahnsteig, dem Zug hinterher. Glück gehabt, wir schaffen es noch aufzuspringen, bevor die Türen verschlossen werden. Diese Aktion sorgt im Zug natürlich erst einmal für Unterhaltung.
Bei Nacht passieren wir die Grenze zu Sambia, doch die Fahrt dauert noch weitere 19 Stunden, ehe wir unser Ziel, welches in der Mitte des Landes liegt, erreichen. Im Gegensatz zu Tansania verändert sich die Landschaft Sambias kaum. Fast überall ist es eben und die Vegetation ausgedorrt. Die Dörfer abseits großer Straßen, in denen ärmliche Verhältnisse überwiegen, gleichen denen in Tansania. Auf der Strecke werden auch hier Waren am Fenster verkauft. Erst als wir Kapiri/Mposhi erreichen, bekommen wir den ersten kleinen Geschmack für das, was uns auf unserer weiteren Reise erwartet.
LUSAKA
Der Kupfergürtel, welcher das wirtschaftliche Zentrum Sambias darstellt, teilt das Land in West und Ost. Eine der wichtigsten Stationen entlang dieser Route ist Lusaka, Sambias Hauptstadt. Hier treffen sich gefühlt alle Kulturen: afrikanisch, europäisch, asiatisch, amerikanisch. Wahrscheinlich stammt mein Eindruck daher, dass wir den Großteil unseres Aufenthaltes in einer der beiden nahegelegenen Shopping Malls verbringen, in denen wir vielen Leuten begegnen, die wahrscheinlich zu den besser betuchten in Lusaka gehören. An Orten wie diesen kann man kaum etwas missen: riesige Supermärkte, Kleiderläden, Elektronikgeschäfte, Fast Food Ketten, Cafés, Restaurants, Kinos und vieles mehr. In meinen Augen fühlt es sich kaum noch afrikanisch an. Das interkulturelle Zusammenleben gefällt mir aufgrund eines Aspektes besser als an allen anderen Orten, die ich bisher in Ostafrika besucht habe, ich werde nicht ein einziges Mal Mzungu genannt. Doch Lusaka soll uns nur als Zwischenziel dienen...
LIVINGSTONE

Eigentliches Ziel unserer Reise sind die Viktoriafalls bei Livingstone. Sie befinden sich unmittelbar an der Grenze zu Simbabwe. Der Sambesi windet sich in Schlingen entlang der Felsen und stellt somit die natürliche Grenze zwischen beiden Ländern dar. Das Wasser fällt auf einer Breite von 1,7 km über hundert Meter in die Tiefe. Je nach Jahreszeit variieren die Fälle von fast ausgetrocknet bis maßlos überfüllt. Dieser Ort hat etwas magisches. Die Außmaße dieses Naturphänomens lassen sich nur erahnen, da die aufsteigende Gischt nur eine begrenzte Sicht erlaubt.

Während wir unserer ersten Tag damit verbringen, die Wasserfälle zu erkunden - den Boiling Pot der die gefallenen Wassermassen wie in einem Kochtopf strudeln lässt, sie bändigt und in den Sambesi ableitet, die Baboons, die in unmittelbarer Nähe zu den Besuchern umhertollen und hin und wieder die Gelegenheit nutzen, um etwas Essbares zu ergaunern und die Knife Edge Bridge, nach deren Überquerung wir frisch geduscht auf der anderen Seite wieder auftauchen - wagen wir am darauffolgenden Tag den Sprung.

Und zwar nicht irgendeinen Sprung, sondern den Bungee Jump von der Victoria Falls Bridge, 127 m hoch über dem reißenden Sambesi. Ein unvergessliches Erlebnis. Am Anfang steht der Übermut, dann kommt der Respekt, die Nervosität und ganz zum Schluss die Angst.

Der Adrenalinspiegel, der seit Beginn des Tages stetig steigt, sinkt auf der Brücke kurzzeitig, als wir anderen Verrückten bei ihren Swings und Slides über dem Fluss beobachten. Auf der Plattform nimmt er jedoch schlagartig bisher nicht gekannte Außmaße an. Ohne noch einmal über mein Vorhaben nachdenken zu können, beginnt der Countdown 5 - 4 - 3 - 2 - 1 und schon befinde ich mich im freien Fall. Ehe ich das Erlebnis überhaupt realisiere, vergehen Sekunden. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl. Alle bisherigen Bedenken verfliegen, jetzt zählt nur der Augenblick, die Freiheit. Erst als das Seil an Spannung verliert und mich nicht mehr emporsteigen lässt, fange ich an die Umgebung zu genießen und das eben Erlebte zu verarbeiten. Es war einfach der Wahnsinn und der krönende Abschluss einer langen Reise.
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