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HÖHENLUFT SCHNUPPERN

  • jacqueline1909
  • Jun 23, 2015
  • 5 min read

Nach der eindrucksvollen Safari gönnen wir uns einen Tag Pause, bevor wir unser nächstes Abenteuer bestreiten – der Mount Meru ruft. Mit seinen 4566m ragt er als fünfthöchster Berg Afrikas direkt neben seinem großen Bruder, dem Mount Kilimanjaro, in die Höhe.

Am Morgen packen wir unsere wenigen Habseligkeiten, die wir für die dreitägige Besteigung benötigen, zusammen und machen uns mit einem Kleinbus in den Arusha-Nationalpark auf. Am Fuße des Berges wächst unser Team auf eine beachtliche Personenanzahl an. Uns 6 aus Bukoba/Deutschland begleitet ein Team aus 10 Personen, darunter 2 Guides, 1 Koch und 7 Träger. Hinzu kommen 3 weitere Gruppen (2 Deutsche, 2 Italiener, 1 Ire) mitsamt ihren Guides, Köchen und Trägern, sowie ein Ranger. Während die Träger ihr und unser Gepäck verstauen, bereiten wir uns seelisch und moralisch mit einem gut gefüllten tansanischen Lunchpaket auf den Aufstieg vor.

Während die Träger einen Shortcut zu unserer ersten Hütte nehmen, bestreiten wir einem Umweg der uns durch den Nationalpark entlang von Büffelherden, einer Schlange, eines Wasserfalls und durch den Dschungel selbst führt. Hier entdecken wir sonderbare Pflanzen, deren Früchte als Rassel fungieren könnten und einen Feigenbaum, der aus zwei Bäumen bogenartig zusammengewachsen ist, sodass ein Auto ihn locker durchqueren kann.


Hauptsächlich gehen wir jedoch einen mit dem Fahrzeug passierbarer Weg hinauf, der nur hin und wieder steile Abschnitte enthält. Unser fünfstündiger „Sonntagsausflug“ bietet uns einzigartige Kulissen, Tierbeobachtungen und sich verändernde Vegetationen, von Dschungel bis hin zu mystischen Wäldern, in denen Bäume Symbiosen mit anderen Pflanzen eingehen und wie mit Lametta behangen wirken. Kurz vor unserem Tagesziel, der Miriakamba Hut auf 2500m passieren wir den Aschekegel, der eine Erhebung nahe des Gipfels darstellt und nur mit gesonderter Erlaubnis erklommen werden darf.

Als wir mit den Gedanken schon beim lang ersehnten „Feierabend“ sind und die letzten Meter vor uns herschlendern, machen wir noch Bekanntschaft mit einem 5m weit entfernten Büffel. Nun wissen wir, warum uns ein Ranger begleitet. Diese Gelegenheit nutzen wir aus, um uns Verhaltensweisen erläutern zu lassen, die uns vor einem Übergriff der Big 5 bewahren:

Büffel → flach auf den Boden legen, dann können sie einen nicht mit ihren gefährlichen, nach oben gebogenen Hörnern aufgabeln und bei Gelegenheit mit einem Stöckchen in seiner Nase bohren

Elefant → mit Hilfe von Sand die Windrichtung bestimmen und sich anschließend so positionieren, dass der dich nicht riechen kann, gucken tut er eh schlecht

ACHTUNG: Niemals verwechseln! Der Elefant ist ein Trampeltier!

Leopard → ein äußerst scheues Wesen, ein Fingerzeig reicht oft schon aus, um ihn zum Rückzug zu bewegen

Löwe → Blickkontakt halten und langsam und leise den Rückzug antreten

Nashorn → ? (lieber nicht hautnah begegnen)

Nach dem ersten langen Tag, einer Katzenwäsche und anschließendem Abendessen geht es früh ins Bett, denn am Morgen wartet etwas besonderes.



Es ist 6:20 Uhr, der Wecker klingelt, in wenigen Minuten geht die Sonne hinter dem Kilimanjaro auf – ein Anblick den man nicht verpassen sollte. Erst sieht die Oberfläche aus, als wäre sie von Lava überzogen, bis sich anschließend der Feuerball Stück für Stück empor kämpft und den Gipfel des Kili in seine blendenden Strahlen hüllt. Nach dem Frühstück geht es gestärkt die nächste Etappe hinauf zur Saddle Hut: 3 Stunden, 1000 Höhenmeter. Die erste Stunde beinhaltet den steilsten Anstieg, danach windet sich der schmale Pfad in weniger steilen Serpentinen nach oben. Märchenhafte Wälder, einzigartige Pflanzen, traumhafte Ausblicke auf das Tal, Spuren der Büffel und felsige Abgründe begleiten uns auf unserem Weg.

Zur Mittagszeit erreichen wir unser erstes Ziel an diesem Tag. Nach einer kleinen Ruhepause und einem kräftigenden Mittagessen treffen wir uns warm eingekuschelt vor unserer Hütte, um den Little Meru in Angriff zu nehmen. Hier oben pfeift der Wind um einiges mehr als unten im Tal. 3820 Meter misst die kleinere der beiden Spitzen des Meru.


Nach einer Stunde erreichen wir sie überglücklich. Nur schade, dass wir uns für die Übernachtung wieder auf 3500 Höhenmeter begeben müssen und von dort einen anderen Weg hinauf zum Gipfel nehmen. An diesem Abend geht es früh zu Bett, denn der finale Aufstieg beginnt tief in der Nacht.









Es ist 0:30 Uhr und bitterkalt. Zeit zum Aufstehen, obwohl ich dank der Aufregung kaum geschlafen habe. Wir schlüpfen in unsere wärmsten Sachen: Skisocken, Unterhose, Jogginghose, T-Shirt, 2 Pullover und eine winddichte Jacke, dazu ein kleiner Schal, Mütze, Handschuhe und das wichtigste, die Stirnlampe. Ein kleiner Snack und die Nachtwanderung beginnt. Im Dunkeln stapfen wir im Gänsemarsch den langsamen aber wohl bedachten Schritten unseres Guides hinterher. Schon nach kurzer Zeit endet der angelegte Weg und wandelt sich in eine felsige Landschaft. Während wir den Rhinorücken noch im aufrechten Gang passieren, klettern wir kurze Zeit später auf allen Vieren eine Felsenwand entlang. Orientierungslos lassen wir uns durch die Finsternis leiten. Doch plötzlich fehlt jemand, unser Teeträger! Warten oder weiterziehen, die Zeit bis zum Sonnenaufgang drängt, doch ihn einfach zurücklassen? Glücklicherweise taucht er wieder auf, seine Stirnlampe ist ausgefallen. Auch meine leuchtet nur noch schlecht als recht, die Temperaturen machen ihnen zu schaffen. Jetzt ist Gefühl gefragt. Es geht bergauf und wieder ab, über Felsen, durch Sand, entlang windgeschützter Bergseiten und eisiger Kämme. Der Weg ist lang, der längste von allen bisherigen Abschnitten. Die Luft wird dünner. Bei dem ein oder anderen zeigen sich Höhenkrankheiten. 5:30 Uhr, uns bleibt noch eine Stunde bis Sonnenaufgang, den wollen wir uns vom Gipfel anschauen. Das Tempo verschärft sich, ein Teil der Gruppe fällt zurück, doch wir lassen unser Ziel nicht aus den Augen. 6:15 Uhr sehen wir zum ersten Mal unser Ziel vor Augen, die tansanische Flagge auf dem höchsten Punkt des Berges. 6:20 Uhr: es ist vollbracht! 3 Tage, 3566 Höhenmeter.

Erschöpft aber stolz lassen wir unsere Blicke schweifen doch das Wetter meint es nicht sonderlich gut mit uns. Wolken versperren uns die Sicht auf einen weiteren Sonnenaufgang, den Kili, den Aschekegel und das Tal. Nur für wenige Sekunden reißt die Wolkendecke auf und schenkt uns bei einer wärmenden Tasse Tee unvergessliche Augenblicke. Lange können wir uns hier oben nicht aufhalten, ersten ist es bei Temperaturen um den Gefrierpunkt und stürmischem Wind eisig kalt und zweitens haben wir heute noch den gesamten Abstieg vor uns.

Deshalb machen wir uns nach 30 Minuten wieder auf den Weg hinunter. Dieses Mal können wir den Ausblick im Tageslicht genießen und staunen an manchen Stellen nicht schlecht, dass wir sie im stockdunklen gemeistert haben. Auf den nahezu vegetationslosen Bergkämmen kommt es mir fast so vor, als würde ich auf dem Mond wandern und während die Wolkendecke rechts neben mir an der Kante hängen bleibt, kann ich auf der linken Seite den Nationalpark sehen. So geht es viele Stunden bergab. Allmählich nimmt die Vegetation wieder zu. Ca. 4 Stunden nachdem wir den Gipfel erklommen haben, erreichen wir wieder unsere Hütte. Kurze Verschnaufpause, Mittagessen, Sachen packen und weiter geht es. Vor uns liegen noch weitere 3500m. Langsam macht sich der Muskelkater bemerkbar, meine Beine werden müde. Besonders die steilen Abschnitte gehen auf die Knie doch mit unserer guten Laune übertönen wir alle Anzeichen der Schwäche. Am Nachmittag erreichen wir die Hütte unserer ersten Nacht, Miriakamba. Ab dieser Pause geht es bei mir steil bergab. Jeder Schritt schmerzt aber ein paar Stunden liegen noch vor uns. Zum Glück ist das Gelände nahezu eben. Auf der riesigen Wiese kurz vor unserem Ausgangs- und Zielpunkt werden wir noch einmal für unsere Anstrengungen belohnt. Wir bewegen uns dicht an Büffelherden und Warzenschweinen vorbei und können aus der Entfernung sogar noch ein paar Giraffen erspähen.

Nachdem alle Teammitglieder eingesammelt und die letzten Gruppenfotos geschossen sind, fahren wir zurück nach Arusha, schlagen uns beim Barbecue den Bauch voll und fallen müde und zufrieden ins Bett. Die Anstregungen haben sich definitiv gelohnt und ich spüre sie als Erinnerung noch ganze 3 weitere Tage in meinen Beinen.


FAZIT: Ein einzigartiges, unvergessliches Erlebnis, das es ermöglicht, die Grenzen seines Körpers auszutesten.

 
 
 

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