VOLUNTEER MEETS TOURI - SILVESTERURLAUB AUF SANSIBAR
- jacqueline1909
- Dec 30, 2014
- 6 min read
Wer träumt nicht davon... blauer Himmel, weißer Strand, türkises Wasser. Ob Volunteer oder Touri, diese Insel gehört auf die ToDo-Liste eines Tansaniaaufenthaltes!
Unsere Reise führt uns mit dem Bus nach Mwanza, wo wir am nächsten Tag in den Flieger nach Dar Es Salaam steigen. Statt der gewohnten 30 Stunden (s. „30 Stunden quer durchs Land“) benötigen wir dieses Mal lediglich 1½ Stunden, um die Millionenstadt zu erreichen. Aufgrund der unangenehmen Ereignisse des letzten Besuchs (s. „Schattenseiten“) erwarten uns dieses Mal ein guter Freund inklusive persönlichem Fahrer am Flughafen. So überstehen wir den Aufenthalt unbeschadet und flüchten in den frühen Morgenstunden des kommenden Tages mit Kilimanjaro-4 nach Sansibar. Endlich Urlaub!
Die Überfahrt gestaltet sich wesentlich aufregender als gedacht. Statt einer gemütlichen Bootstour rast die Fähre innerhalb von ca. 2 Stunden hinüber zur Insel. Besondere Adrenalinstöße bzw. teilweise auch Seekrankheit löst der Aufenthalt auf dem unteren Außendeck aus. Jede große Welle weckt ein Kribbeln in der Magengegend und lässt Wassertropfen auf die ersten Reihen herabrieseln.
Nach der Ankunft in Sansibar Town heißt es Rucksack wiederfinden und sich einen Weg durch den stockenden Verkehr bahnen. Ein Volunteer mit gültiger Arbeitserlaubnis hat es vergleichsweise sehr einfach. Während die Touris in Schlangen am Immigrationschalter warten und das Gepäck der Tansanier durchgeschaut wird, können wir einfach hindurch spazieren.
Bevor sich alle in die unterschiedlichen Richtungen der Insel verstreuen, bleibt etwas sehr wichtiges zu beachten. Bankautomaten gibt es nur in Stone Town!!


Für uns geht die Reise weiter in Richtung Ostküste, nach Paje. Während sich viele Urlauber ein Taxi gönnen, entscheiden wir uns für die traditionelle, preiswerte Variante des Reisens und nehmen nach einigem Suchen ein örtliches Daladala. Im Gegensatz zum Festland sind viele Daladalas offen und das Gepäck wird auf das Dach geladen. Ich empfinde diese Variante als wesentlich angenehmer, da ich wesentlich mehr von der Umgebung und den Menschen mitbekomme. Allerdings bucht man hier das Gesamtpaket, sodass die staubigen Straßen einem wortwörtlich die Sicht und den Atem rauben können.
Besonders auffällig ist der hohe Anteil an Muslimen. Während des gesamten Aufenthaltes sehe ich nur wenige sansibarische Frauen, die sich ohne Kopfbedeckung auf die Straße begeben. Allgemein tragen die meisten Erwachsenen lang. Kurze Kleidung wird eher von Kindern bevorzugt. Im Gegensatz dazu stehen die Touris, bei denen das Motto oft kurz, kürzer, am kürzesten lautet. Schließlich kann etwas mehr Sommerbräune nicht schaden. Doch wo stehe ich als Volunteer, die einerseits stets darauf bedacht ist sich zu integrieren, andererseits jedoch auf den ersten Blick als Touri abgestempelt werden kann? An den Stränden nehme ich es gelassen und packe wie der Großteil meine Shorts aus. Außerhalb der Touristengegenden fühle ich mich in dieser Kleidung absolut unwohl und bevorzuge weniger freizügige Varianten. Ein gewissen Fingerspitzengefühl empfinde ich als wichtig, um auf dem Grat zwischen den Kulturen der Touristen und Sansibarer wandern zu können.

Die Hotelanlagen, in denen wir uns bewegen, sind größtenteils eindeutig auf die Touristen abgestimmt. Überteuerte Preise, internationale Küche, englisch-sprechende MitarbeiterInnen, Sanitäranlagen und Unterkünfte nach europäischen Standards, Freizeitangebote von Tauchen, Schnorcheln, Kitesurfen über Delfinschwimmen, Bluesafaris, Gewürztouren und vieles mehr. Die Rückkehr in ein europäisches Leben fällt mir hier nicht schwer. Allerdings habe ich die Wahl und entscheide mich gegen ein komplettes Touripaket. Statt Spaghetti Bolognese gibt es ca. einen Kilometer weiter im Dorf Reis mit Bohnen, Urojo (ein traditionelles Gericht auf Sansibar) oder Chipsi Mayai.
Sobald ich mich als Volunteer erkenntlich gebe, z.B. indem ich mit den Menschen Swahili spreche und von meiner Arbeit und meinem Leben hier in Tansania berichte, begegnen mir die Bewohner von Paje, Nungwi oder Stone Town auf einem ganz anderen Niveau. Es ist schwer dieses Gefühl in Worte zu fassen. Ein Ladenbesitzer macht es mit seiner Äußerung jedoch ziemlich deutlich, indem er uns erzählt wie stolz er darauf sei, dass junge Menschen in ihr Land kämen und ihre Sprache lernen. Sobald wir das Klischee des typischen Touris abschütteln können, sinken in vielen Fällen sogar die Touripreise auf einen für Volunteers erschwinglichen Betrag.
Als ich gemeinsam mit einem Paar aus Europa, das auf Sansibar Urlaub macht, nach Changuu Island fahre, verfallen wir in ein reges Gespräch. Wie einige andere zuvor bewundern sie die Arbeit, die ich hier verrichte. Unter anderem fragen sie mich, wie ich mit den Lebensbedingungen hier in Tansania zurechtkomme. Über meine Antwort muss ich nicht lange nachdenken. In unserem Zuhause, das tatsächlich ein normales Steinhaus mit Türen und Fenstern ist, haben wir fließend Wasser, Strom, ein eigenes Bett und sogar eine europäische Toilette. Mir fehlt es hier an nichts (nur manchmal wäre eine warme Dusche traumhaft). Das können die Urlauber nicht verstehen. Sie waren geschockt, als sie in Dar Es Salaam ankamen. Für sie ist hier alles vollkommen anders. Für mich ist hier alles völlig normal...

Aber um ein paar Touriangebote komme auch ich nicht herum. So geht es gemeinsam mit den anderen Volunteers als erstes auf eine Bluesafari.

Nach der Fahrt mit einem traditionellen Segelboot halten wir auf einer traumhaften Sandbank, die übersät von Touris ist. Doch der Anblick der Insel und des Meeres entschädigt für alles.
Anschließend lassen wir uns nicht weit entfernt ausgestattet mit Taucherbrille, Schnorchel und Flossen über einem Riff in das Wasser fallen.
Die bunt gemischte Unterwasserwelt erinnert stark an den Film 'Findet Nemo'. Ausgelaugt fahren wir zu einer nicht weit entfernten Insel, auf der uns ein köstliches Buffet bestehend aus sämtlichen Meeresfrüchten, wie Oktopus, Hummer und Garnelen, erwartet. Zum Abschluss besichtigen und erklimmen wir einen 500 Jahre alten Baobab (Affenbrotbaum), der zwar umgefallen aber dennoch stets am wachsen ist. Kurz vor Sonnenuntergang erreicht unser Boot die Anlegebucht und ein ereignisreicher Tag nähert sich dem Ende.

Paje bietet 2x jährlich nahezu perfekte Bedingungen zum Kitesurfen. Über Silvester ist eine dieser Zeiten. Täglich beobachte ich vom Strand aus die vielen Kitesurfer und die, die noch in den Anfängerschuhen stecken. Kurzerhand entscheide ich mich - sozusagen als nachträgliches Weihnachtsgeschenk - einen 3-tägigen Kitesurfkurs zu belegen. Und es war genial! Während am ersten Tag lediglich das Drachensteigen auf dem Plan steht, geht es am zweiten Tag direkt ins Wasser. Eingangs noch ohne Board lasse ich mich von meinem Kite über das Wasser bzw. ungewollt durch die Lüfte ziehen. Die späteren Startversuche mit dem Board funktionieren für den Beginn nicht schlecht, jedoch besteht noch viel Übungsbedarf. Tag 3 meint es weniger gut mit mir. Nach anfänglichen Wiedereinstiegsschwierigkeiten stellt sich mir ein gemeingefährlicher Seeigel in die Quere. Das Resultat lautet also statt der angestrebten 100m übers Wasser gleiten, am Strand sitzen und Seeigelstachel aus dem Fuß entfernen. Pole...

Ein weiteres Highlight ist das Delfinschwimmen in Kisimkazi. Zwar hat es weniger was mit einem therapeutischen Schwimmen und vielmehr etwas mit einer Delfinjagd zu tun aber der Anblick der eleganten Meeressäuger ist atemberaubend. Bei Tagesanbruch hält sich die Zahl der Touristenboote, die den Delfinen nachjagen noch in Grenzen, sodass wir uns nach langem Überlegen dazu entschließen an dieser insgesamt wohl eher tierunfreundlichen Tour teilzunehmen.
Dank des guten Gespürs unseres jungen Guide entdecken wir eine Gruppe von ca. 8 Delfinen, die auf dem Weg ins offene Meer zur Futtersuche ist. Aufmerksam beobachten wir die Wasseroberfläche und halten Ausschau nach den herausragenden Flossen. Sobald wir eine entdecken, nimmt unser Boot Kurs auf die Gruppe und hält direkt davor. Wir springen auf Kommando ins Wasser und genießen den Augenblick. Wer Glück hat, berührt sogar eines der Tiere. Nach einem viel zu kurzen Moment ist es wieder vorbei, die Delfine sind zu schnell. Wir klettern zurück ins Boot, halten erneut Ausschau und preparieren uns für den nächsten Sprung ins kühle Nass. Jeder sollte selbst entscheiden, ob er an dieser Delfintour teilnimmt und sich als einer derjenigen outet, die sie jagen. Die Delfine können wir leider nicht befragen, wie sie sich dabei fühlen. Aber für mich persönlich hat sich der Ausflug gelohnt.
Nungwi ist ein beliebtes Urlaubsziel im Norden der Insel. Nicht weit entfernt, direkt neben Bill Gate's Privatinsel, liegt das Mnemba-Atoll ein wunderschönes Riff zum Schnorcheln und Tauchen. Nach einer abenteuerlich schaukelnden Bootsfahrt springen wir mit unserer Schnorchelausrüstung vom Deck des Bootes in die Fluten. Die Unterwasserwelt breitet sich in verschiedenen Facetten unter mir aus. Obwohl viele andere Touris in unmittelbarer Umgebung ihre Kreise ziehen, fühle ich mich als wäre ich ganz allein. Nur das Meer, das Riff, die Fische und ich. Nach der Ruhe kommt der Sturm. Zwar nicht im wahrsten Sinne des Wortes doch an vereinzelten Stellen drohen die riesigen Wellen unser Boot zu kentern. Mit rasendem Herz bete ich nur noch heile anzukommen. Vom Bootfahren habe ich erst einmal genug!
Doch lange hält dieser Vorsatz nicht an. Von Stone Town aus fahre ich am letzten Tag unseres Sansibar-Urlaubs zu den Riesenschildkröten nach Changuu Island (auch Prison Island genannt, da die Insel ursprünglich als Gefängnis dienen, jedoch nie als dieses genutzt wurde). Obwohl die teilweise uralten Landbewohner hier nicht heimisch sind, leben sie seit vielen Jahren auf der kleinen Insel und empfangen Tag für Tag schaulustige Besucher.


Stone Town an sich beherbergt viele Sehenswürdigkeiten. Eine davon ist der tägliche Essensmarkt in den Forodhani Gardens auf dem traditionelle Speisen, wie Zanzipizza, Urojo, Chapati, Obst, Meeresfrüchte-/Fleischspieße und Zuckerrohrsaft verkauft werden.


Und wie war eigentlich Silvester?
Ganz normal. Nach einem genüsslichen Abendbrot steht eine Silvesterparty auf einem nahegelegenen Hotelgelände an. Alle Gäste feiern und tanzen ausgelassen, das Feuerwerk beginnt 10 Minuten zu früh, einen Countdown gibt es nicht und hin und wieder fällt die Musik aus. Womöglich vermischen sich an dieser Stelle europäische und tansanische Traditionen.
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