GRADUATION
- jacqueline1909
- Oct 3, 2014
- 3 min read
In Tansania besuchen die SchülerInnen von der ersten bis zur siebten Klasse die Primary School. Am Ende dieser verbindlichen Schullaufbahn werden nach strengen Regeln und unter polizeilicher Aufsicht Examen geschrieben.
Heute findet die Graduationfeier der AbsolventInnen an unserer Schule statt. Drei Tage zuvor begannen die Vorbereitungen hierfür, sodass der normale Unterricht für alle Kinder ausfiel und stattdessen z.T. hart gearbeitet werden musste. Doch das Ergebnis kann sich blicken lassen. Bei unserer Ankunft finden wir ein festlich geschmücktes Ambiente auf einer der Freiflächen der Schule vor. Um 10 Uhr soll die Feier beginnen, doch gegen 11 Uhr sind viele Gastplätze noch leer. Zu den geladenen Gästen zählen Eltern, Politiker, ehemalige LehrerInnen der Schule, ehemalige Schülerinnen, ein Priester, der in Begleitung seiner schwedischen Volunteers erscheint und Freunde der Schule. Doch nun endlich, obwohl noch nicht vollzählig, soll die Feier beginnen.
Eine Moderatorin und ein DJ führen uns durch das vierstündige Programm. Nach der Begrüßung folgen abwechselnd kleine Showeinlagen. Eine Gruppe führt zu Gesang, Trommel- und Rasselklängen traditionelle Tänze auf. Alle weiteren Acts werden von Kindern der Schule aufgeführt.

Die siebte Klasse imitiert mit viel Witz und Humor einen Schultag der Mugeza Viziwi und den Tag ihrer Graduation, wobei besonders der dargestellte Direktor der Schule den humorvollen Mittelpunkt bildet. Alle Zuschauer, die der Zeichensprache mächtig sind und auch diejenigen, welche die Übersetzung auf Swahili verstehen, verfallen in schallendes Gelächter. Da Max und ich bisher noch Defizite in beiden Sprachen aufweisen, sind wir wahrscheinlich die einzigen, die einfach nur über die lustigen Darstellungen lachen können, obwohl wir schon gerne wissen würden, welche Intention dahinter steckt.

Die Kindergartenkinder, die vormittags in den Räumen der Mugezaschule beschäftigt werden, sorgen für musikalische Unterhaltung, indem sie Lieder singen und zu ihnen tanzen.
Die vierte Klasse führt wieder traditionelle Tänze zu Trommelklängen auf. In meinen Augen wesentlich besser als die Erwachsenen zuvor. Und ich muss dazu sagen, dass die Kinder taub sind! Sie nehmen zwar vereinzelt Töne wahr aber können diese meist nicht zuordnen. Die meisten anderen Zuschauer scheinen dies ebenso zu empfinden, da sie die Vorführung der Kinder mit reichlich Geld und Bonbons belohnen. Geld wird an diesem Tag groß geschrieben. Während der Showeinlagen kommen einzelne Personen aus dem Publikum hervor, tanzen für einen Augenblick mit und legen das Geld o.ä. auf den Boden. Im Anschluss treten zwei Schüler als Michael Jackson-Double auf. Trotz viel zu großer, ständig rutschender Hose ein genialer Auftritt.



Den Abschluss der Showeinlagen bildet wieder die Tanzgruppe der Erwachsenen. Jetzt ist das Publikum endgültig aufgetaut und es gibt kein Halten mehr. Immer mehr SchülerInnen, Gäste, LehrerInnen und Eltern stürmen auf die Tanzfläche und genießen die ausgelassene Stimmung. Sogar Max und ich wagen uns in die Menge.
Während des Programms füllen sich auch die Stühle für die wichtigen geladenen Personen, die mit Applaus willkommen geheißen werden.
Anschließend geht die Feier in den etwas ruhigeren Teil über. Die Absolventinnen werden beglückwünscht und bekommen viele Geschenke.Es ertönen viele Reden von unterschiedlichen Personen und der Direkter und zwei weitere Personen werden in den Ruhestand verabschiedet. Einer von ihnen muss ein ziemlich hohes Ansehen an der Schule besitzen, da sich alle LehrerInnen, Eltern, Gäste und abschließend sogar SchülerInnen in einer Reihe formatieren, tanzend auf den Mann zuspazieren und ihn mit Geschenken und Umarmungen überhäufen. Danach wird sogar ein selbst gemaltes Bild dieses Mannes versteigert. Während bei den „niedrigen“ Beträgen um die 20.000 TSH (ca. 10 €) noch ein Großteil des Publikums mitbietet, ersteigert letztendlich ein Politiker für 500.000 TSH (ca. 250 €) das in Holz gerahmte Portrait.


Gegen drei Uhr, nachdem alle Programmpunkte abgearbeitet sind, beginnt die Fotosession. Zuerst mit den LehrerInnen und Bediensteten der Schule, dann mit den Siebtklässlern und anschließend mit den Eltern und Gästen. Auf allen Bildern dürfen natürlich nicht die für den Tag wichtigsten geladenen Personen fehlen.
Nach der Feierstunde laden die Gastgeber zum gemeinsamen Essen ein. Etappenweise und nach festgelegter Reihenfolge betreten die Personen den Essensraum, lassen sich den Teller von den Köchen voll beladen, nehmen ein Soda entgegen und setzen sich auf einen der freien Plätze an den langen Tafeln. Es gibt Pilau (gewürzter Reis), Ndizi (Kochbanane), Kartoffeln, Kichererbsen, Rindfleisch, Hühnerfleisch, Fisch und Melone. Für die SchülerInnen, die erst zuletzt essen gehen dürfen, ein wahres Festmahl, wenn man bedenkt, dass sie sonst fast jeden Tag Ugali (Maisbrei) mit Bohnen serviert bekommen.
Abschließend werden noch einige Erinnerungsfotos geschossen, Nummern ausgetauscht, Gespräche geführt und Habseligkeiten und Geschenke der Siebtklässler gepackt bevor diese gemeinsam mit ihren Familien die Heimreise antreten. Für einige von ihnen wird sich die Schullaufbahn an einer Secondary School fortsetzen, andere werden hingegen in das Berufsleben eintereten. Für die restlichen SchülerInnen der Mugeza Viziwi wird ab Montag wieder der normale Schulalltag eintreten.
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